Pearlcoder im MEMI-Interview
 
 

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Zwischen Electro und Lounge - Pearlcoder machen es vor
Die beiden Produzenten Jörg Friedrich und Christoph Berlinski stehen hintern dem Synonym Pearlcoder. Beide gebürtige Frankfurter haben ihr Studio nur wenige Kilometer weiter in Langen. Idyllisch im alten Stadtkern gelegen, betreten wir das Haus und stellen schnell fest, dass es um den Zugang zu einer Künstlergemeinschaft mit über 10 Gruppierungen aus allem Musikrichtungen handelt. Jörg holte uns netterweise vom nah gelegen Parkplatz ab und führte uns direkt in die Schaltzentrale der beiden.
Beim betreten des Studios stelle ich schnell fest, dass keine Gesangskabine vorhanden ist und ich spreche Jörg darauf an
Im Studio neben an ist alles installiert, das gehört zwar einer anderen Band, aber wir können eigentlich da jederzeit rein wenn wir wollen; erklärt Jörg. Daher brauchen wir hier direkt keine Aufnahmemöglichkeit. Wir machen hier eigentlich immer die vollständige Komposition fertig und gehen dann anschließend mit den Vokalisten zur Aufnahme. Bewährt hat sich allerdings auch die Aufnahme direkt im Raum. Der Vorteil ist ein intensiver Kontakt mit dem Künstler. Das Feedback kann nicht ignoriert werden wenn die Person neben einem steht.

pearlcoder studio

Das gesamte Studiosetup ist überschaubar. Mir fällt das Imposante Mischpult Allen & Heath GL3-432 mit 32 Kanälen, der Roland D6 und das Rack mit den externen Kompressoren von Lexicon ins Auge. Auf den Monitoren erkennt der Geneigte Cubase und Abelton Live in der Taskleiste. Christoph erklärte mir die einzelnen Komponenten.

Equipmentliste:
PC:P4 3,4 GH
Cubase 4
Sony Oxford
Mischpult: Allen & Heath GL3-432
Fostex 812
Abhörer: Alesis Monitor One
Genelec 1038B Tri-amplified Monitoring System (Großes Studio)
Mikrofon:Neumann U87
Shure SM-58 LC
Synths und Effekte: Akai S-2800i
Akai S-612
Akai VX 600
Diverse Behringer/Gate/Compressor
Diverse Boss Effekte
Ensoniq DP/4
Akai VX 600
Virus Indigo
Nord Modular
Wave Pulse
Korg DW 8000
Korg Wavestation SR
Roland JV/1080
Novation Drumstation
Emu Pro/Cussion
Yamaha YS 100
Yamaha CS 1X
Jörg ruft ein Cubase Projekt auf den Screen und drückt die Playtaste. Der Sound der Beiden
enthält sehr Atmosphärische Klänge und eine satt wummernde Bassline. Der Titel heißt "Granular Flower".
Womit habt ihr diese Bassline hingekriegt?
Jörg erklärt: Die Ursprungsline wird mit dem Trilogy erzeugt und anschließend durch den Kompressor und Limiter von Sony Oxford noch schön aufgepumpt. Zum Schluss legen wir meistens noch einen Reverb oder eines der Externen Hallgeräte an. Ich glaub der Schlüssel für die Dicke Bassline ist immer die Kompression. Wenn man den Attack der Welle etwas anhebt kriegen gerade lang gezogene Noten den gewissen drive.

Pearlcoder Soundclip 1 > Soundclip: Bassline trocken
Pearlcoder Soundclip 2 > Soundclip: Bassline inkl. EQ, Kompressor und Inflator
Pearlcoder Soundclip 3 > Soundclip: Bassline mit Playback "Granular Flower"

Der Schlüssel zur Bassline liegt also doch wieder in der Kompression und mir drängt sich die Frage auf, wieso eigentlich keine Rechner Interne Kompression vorgenommen wird. Der Trend in der Musik Produktion läuft ja ganz klar in die All-In-One Lösung hinein. Jörg erklärt mir darauf, dass ein Individueller Sound sich eigentlich nur durch die Mischung von internen und externen Geräten überhaupt erzielen kann. Der Schlüssel liegt in den unterschiedlichen Klangwandlern der einzelnen Geräte. Den größten Fehler, den man aus unserer Sicht man machen kann, ist alles über einen Klangwandler (z.B. über eine Soundkarte) laufen zu lassen. Dadurch wird das Gesamtklangbild nicht besonders Facetten reich und klingt ggf. recht eintönig. Erst die Kombination aus verschiedenen Geräten und damit auch Klangwandlern macht das Soundbild erst richtig vielfältig und abwechslungsreich.
Wie geht ihr beim Komponieren vor? Womit fangt ihr an und wie teilt ihr euch die Arbeit?
Chritoph: Eine Arbeitsteilung im klassischen Sinne gibt es bei uns eigentlich nicht, mit Ausnahme des Mischens, hier ist Jörg in seinem Element. Zwar besprechen wir jeden einzelnen Schritt miteinander, Jörg ist jedoch die Triebfeder. Bei der Komposition sind wir frei. Jeder kommt entweder mit bereits ausgearbeiteten Ideen ins Studio oder wir entwickeln ein Stück gemeinsam was eindeutig interessanter ist. Wichtig ist hier die richtige Balance zwischen Ansporn und Korrektiv zu finden. So kann sich zwar jeder von uns austoben, allerdings versuchen wir am Ende einen gemeinsamen Nenner zu finden.

pearlcoder studio

Ich werfe erneut den Blick auf einen der Monitore und sehe, dass die beiden sehr übersichtlich und strukturiert mit Cubase arbeiten. Klar, wenn man zu zweit an Projekten arbeitet ist es sehr sinnvoll die Spuren und alles gut zu betiteln. Gerade wenn man wie die Beiden beim komponieren doch jeder irgendwie alles macht, ist Ordnung im Projekt eine wichtige Sache. Das bestätigt auch Christoph und erklärt weiter, dass bei den unterschiedlichen Sequenzen die sie verwenden, sich eine gute Struktur und Organisation schon einige Male echt bewert hat. Warum verwenden die beiden aber mehrere Sequenzer?
Warum nutzt ihr eigentlich zwei Sequenzer Cubase und Abelton?
Jörg: Wir haben mit dem Atari und Cubase angefangen. Nach dem Kauf eines PC hatten wir die Wahl zwischen Logic und Cubase und entschieden uns nach immensen technischen Problemen mit Logic doch für Cubase. Die Arbeit ging sofort leicht von der Hand, die Umstellung war nicht so groß wie befürchtet. Live von Abelton nutzen wir auch sehr gerne, es ist vom Ansatz nicht Vergleichbar mit Cubase jedoch ermöglicht es eine intuitives Arbeiten. Der Vorteil den ich in der Benutzung von Abelton Live sehe ist, dass man schnell und viel ausprobieren kann. Es fällt viel leichter sich treiben zu lassen und direkt während der Session Ideen zu entwickeln, sehr entspannend. Okay, das kann ich ganz gut nachvollziehen, ob wohl ich für mich persönlich lieber einer Sequenzerlinie treu bleibe, sehe ich die Vorteile der einzelnen Systeme klar auf der Hand. Es stellt sich mir aber schon die Frage, ob der Sequenzer die Arbeitsweise prägt oder umgekehrt. Kann man eigentlich die Arbeitsweise mit einem Sequenzer auch bewusst beeinflussen? Die beiden schauen mich bei der Frage etwas verdutzt an, last es mich vielleicht so formulieren.
Wie glaubt ihr hat sich die Technische Entwicklung der letzten Jahre auf eueren Produktionsstil ausgewirkt?
Jörg: Der Umstieg vom Atari auf einen PC war für uns wie eine Mondlandung, ein neues Zeitalter. Zwar wären wir beim Atari ST geblieben, ein Wunderding, aber die Verlockung ein günstiges HD Recording nutzen zu können war einfach zu groß. Darüber hinaus boten die diversen plug-ins die Möglichkeit Ideen schnell umsetzen zu können. Die Bearbeitung von Samples ist so ein Beispiel: Mit dem Akai Sampler war das immer eine sehr zeitintensive Angelegenheit. Nun haben wir die Freiheit und wir sampeln alle externen Synths und mischen wir nur noch intern. Hierbei sind die Plug-ins von Oxford alle erste Wahl, der Sound und die Möglichkeiten sind erste Sahne und die Benutzerfreundlich unerreicht.

pearlcoder studio

Habt ihr Lieblings-Synthesizer, die schon länger in euerem Studio genutzt werden oder wechselt ihr euer Setup oft aus?
Jörg: Vorausschicken sollten wir wohl, dass wir beim Kauf der Synths sehr selektiv vorgegangen sind. Das ist auch der Grund weshalb sich bei uns nichts stapelt und verstaubt, eine Beobachtung die man oft in anderen Studios machen kann. Alles ist jederzeit betriebsbereit auch wenn es nicht immer genutzt wird. So haben wir einige Lieblingsstücke die an die alten Zeiten erinnern, wie z.B. den Akai VX 600 oder Korg DW 8000 und eine eigene Seele haben, aber auch der Nord Modular oder der Virus Indigo sind nach wie vor absolute Favoriten, jedoch werden sie nicht mehr so oft verwendet. Allerdings ist es immer wieder ein Erlebnis einfach nur zu Schrauben ohne dabei den Rechner überhaupt anmachen zu müssen. Das soll jedoch kein Plädoyer für die Hardware sein bei den Plug-ins gibt es viel zu entdecken und übersichtlicher ist ein 22 Zoll Monitor allemal. Zudem sind die Bandbreite und das Angebot einfach überwältigend, was jedoch zu einem Overkill führen kann. Eine intensive Beschäftigung mit dem Plug-in findet oftmals nicht statt, bei auftretenden Problem oder Unverständnis wird das Ding einfach gelöscht. Wenn sie jedoch stattfindet droht die Gefahr der Versumpfung, hier gilt es die richtige Mischung zu finden. Folglich haben wir uns ein Grund-Setup zurechtgelegt mit dem wir Arbeiten, wobei dieses recht umfangreich ist. :-) Die Sache mit dem Schrauben an der Musik kann ich sehr gut nachvollziehen. Durch die gesamte Verlagerung in den PC oder MAC hinein, ist elektronische Musik mehr „Klick-“ als wirklich noch „Schraub“ – Arbeit. Die Beiden Stimmen mir zu und Jörg meint, dass man sich diese Arbeitsweise aber nur im Studio leisten kann. Auf der Bühne sieht die Sache meistens anders aus. Da fehlt die Zeit um sich durch 30 Menüs zu klicken und es macht auch einfach weniger Spaß.
Ihr macht ja mit der GOA Legende Stefan Ludley ein Live Projekt unter dem Namen O-Ton. Wenn ihr Live auf der Bühne steht, mit welchem Equipment seid ihr auf der Bühne.
Jörg: Mit einem Laptop und dem Nord Modular als Controller, als Soundkarte dient die US-122 von Tascam, einige Synthiesounds werden zusätzlich mit dem Virus eingespielt.
Wie läuft das ganze auf der Bühne ab? Seid ihr spontan oder habt ihr vorgefertigte Loops, die ihr dynamisch zusammenfügt?
Chritoph: Wir sind spontan und improvisieren mit Ableton Live, kontrolliert vom Nord. Fertige Loops und Sequenzen sind bei elektronischer Musik natürlich unumgänglich. Es gibt aber nur wenig wirklich vorgefertigte Sequenzen. Wir bauen und entwickeln den Titel immer live auf der Bühne und arbeiten mit dem Feedback der Leute. Auf einer Party merkt man halt immer am direktesten ob es den Leuten gefällt oder nicht.
Jörg, du vertreibst dir doch öfters die Zeit mit Auflegen in Clubs und Partys. Bist du ein Anhänger des guten 1210er oder nimmst du doch lieber den Laptop mit?
Jörg: Der 1210er ist Kult und wird es bleiben. Ein Software gestütztes System, dass die Haptik und das Auge verwöhnt gibt’s es zwar ansatzweise, jedoch leidet meiner Meinung nach der "Zuschauer". Das DJ Handwerk muss definitiv sichtbar sein, daher ist für uns immer die Kombination auf Laptop und Vinyl die beste Mischung.
Was könnt ihr unseren Lesern als kleinen Tipp mit auf dem Weg geben?
Chritoph: Weniger ist Mehr. Das Setup auf das wichtigste reduzieren und macht immer weiter. Lasst euch nicht beirren und geht euren Weg weiter.
Vielen Dank, Jörg und Christoph.
Das Interview führte Martin Rothhaar im August 2008.