MEMI Hardware-Test

 

Yamaha SY77

AFM-Synthesizer

 

Der Yamaha SY77 kam 1989 auf den Markt und war Yamahas Antwort auf den Workstation-Boom. Erstmals wurden ein FM-Synthesizer und ein ROMpler in einem Gerät vereint und dies (dem Zeitgeist entsprechend) als neue Syntheseart, nämlich Realtime Convolution and Modulation (RCM) deklariert. Schauen wir dem SY77 also einmal unter die Haube und finden folgendes:

SY77

  • 32 Oszillatoren verteilt auf
    • 16 AFM Oszillatoren bestehend aus jew. 6 Operatoren
    • 16 AWM2 Oszillatoren (16Bit linear, max. 48kHz)
  • 2 (digitale) Filter
  • DSP-Multieffekt mit zwei unabhängigen Signalwegen (jew. 40 Reverb- bzw. 4 Modulationseffekte)
  • 16-Spur-Sequencer mit ca. 16000 Noten Speicherkapazität
  • 16-fach multitimbral

Eingefleischte DX7 Fans waren vom SY77 enttäuscht, denn dieser war nicht das (lange geforderte) 8-Operatoren-Monster, ja selbst der vom DX-7II bekannte und heißgeliebte Unisono-Mode war im SY77 nicht zu finden. Dennoch hat sich in der FM-Sektion einiges getan, was Yamaha dazu veranlasste, dies als AFM (Advanced FM) zu bezeichnen:

  • 45 Algorithmen (zzgl. einem frei programmierbaren Algorithmus, dieser ist allerdings nur mit externen Editorprogrammen wie z.B. dem Emagic SoundDiver zu erreichen)
  • 3 frei programmierbare Feedback-Schleifen
  • 16 Wellenformen pro Oszillator
  • loopbare (!) Hüllkurven
  • AWM-Output als FM-Input routbar - und umgekehrt

Sind die ersten drei Punkte eher längst fällige Nachbesserungen (ich habe nie verstanden, wie man mit nur einer Feedback-Schleife leben konnte :), so stellt der letzte die wirkliche Neuerung des SY77 dar und ist meines Erachtens das am meisten unterschätzte Feature dieses Synthesizers, lassen sich hiermit doch wirklich gemeine Sounds programmieren - oder einfach der gleiche Basissound durch einen eigenen Filterzweig schicken, ganz wie man's braucht.

Die Qualität der Digitalfilter ist übrigens erstaunlich gut, war man hier doch von der Konkurrenz bis dato nicht gerade verwöhnt. Umso erfreulicher, dass es hiervon gar zwei gibt und zwar hintereinander geschaltet. Filter 1 kann hierbei Tiefpass oder Hochpass sein, Filter 2 ist immer Tiefpass. Alternativ lassen sich die Filter auch getrennt abschalten (thru), so dass sich folgende Filtertypen ergeben:

Filter 1
Filter 2
resultierendes Filter
thru
thru
Allpass
thru
LPF
Tiefpass (12db/Okt.)
thru
HPF
Hochpass (12db/Okt.)
LPF
thru
Tiefpass (12db/Okt.)
LPF
LPF
Tiefpass (24db/Okt.)
LPF
HPF
Bandpass (12db/Okt.)

Weiterhin ist die Resonanz für beide Filter gemeinsam regelbar - bis hin zur Selbstoszillation.

Leider ist beim SY77 jedoch nicht alles so, wie man es sich - auch im Anbetracht der damaligen Konkurrenz durch den Korg M1 - wünscht: So ist der Sequenzer bestenfalls eine Dreingabe, wirklich damit arbeiten wird nur derjenige, der keine andere Wahl hat oder aber masochistischen Neigungen frönt. Viel schwerer wiegt jedoch, dass die Auswahl der Samples für die AWM2-Sektion sehr unglücklich getroffen wurde - zwar ist irgendwie alles vorhanden, aber andererseits kannte man es schon damals besser von anderen Synthesizern, besonders die Drums waren doch eher Schrott, einen gewissen Kick konnte man ihnen nur unter massiver Anwendung des Gated Reverb  der eingebauten Effektsektion entlocken.

Auch die Effekte sind nicht unbedingt das Gelbe vom Ei und basieren offensichtlich auf Yamahas Effektgerät SPX50D. Zwar kann man die einzelnen Effektsektionen (2x Modulation, d.h. Chorus, Symphonic, Flanger und Vibrato, sowie 2x Reverb - hierunter fällt alles vom Hall über Delay/Echo bis hin zum Verzerrer) in verschiedener Weise miteinander verschalten, jedoch ist die Qualität der Effekte insgesamt eher mäßig und eine Modulation derselben über Controller o.ä. nicht möglich. Noch schlimmer: Die meisten Effekte sind reine Mono-Effekte und die maximale Delay-Zeit beträgt 300ms - nicht gerade berauschend.

Fazit

Ungeachtet seiner Schwächen ist der SY77 ein sehr flexibler Klangerzeuger. Wer FM-Sounds liebt, wird an ihm seine helle Freude haben - doch er kann auch ganz anders: Warme Pads und Klänge, die man so eher einem analogen Synthesizer zutraut - und dank der loopbaren Hüllkurven klingt er auch schon mal nach Wavestation.  Wen die genannten Kritikpunkte allerdings stören, greift lieber zum großen Bruder, dem SY99.


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Autor: Rainer Buchty Ein Service von MEMI.