MEMI Hardware-Test

 

Korg Poly 800

Synthesizer

Hierbei handelt es sich um ein eher unscheinbares Gerät, das vom Aussehen her eher den Eindruck vermittelt, eine Spielzeugorgel Marke "Bontempi" zu sein. Aber der Klang spricht für sich, zumal der Gebrauchtpreis wirklich niedrig ist (etwa 300 DM).

Äußeres

  • 4 Oktaven Tastatur, nicht anschlagdynamisch
  • 1 Korgtypischer Joystick für Pitchbend und Modulation
  • MIDI-Buchsen (ja, er hat sogar MIDI!), Stecker für Datasette (zum Archivieren von Sounds)
  • 1 (leider) externes Netzteil

Die vorhandenen Parameter zum Editieren einer Voice sind (wie es damals wohl üblich war: DW8000, Matrix 6) auf dem Gehäuse aufgedruckt.

Weiters ist ein Step Sequencer vorhanden. Wie der Name schon sagt, kann man da nicht in Echtzeit einspielen, sondern nur schrittweise eingeben (etwa 250 Steps). Das ist sehr praktisch für Leute mit dem TB303-Syndrom, die nicht mehr ausgeben wollen als 303 DM. Dazu muss man sagen, dass der Poly 800 durchaus zu techno-lastigen Bassounds fähig ist.

Damit wären wir auch schon beim wichtigsten Teil angelangt: dem Klang ...

Grundsätzlich klingt das Teil echt gut, und dass nicht nur bezogen auf seinen billigen Preis. Was z.B. Synthstrings mit langsamer Attack betrifft, so stellt er, meiner Meinung nach, einen Juno 106 durchaus in den Schatten. (Flames bitte an: my_flour@memi.com)
Jetzt aber im Ernst: Da sind mir neulich ein paar Streicher gelungen, da würden sogar Vangelis die Tränen kommen.

Ein großes Manko des Poly sind sicher seine Filter, besser gesagt die Tatsache, dass er für 8 Stimmen nur ein einziges Filter hat. Das macht sich bemerkbar, wenn man die Filter mit der (durchaus sehr flexiblen) Hüllenkurve bearbeitet. Da gibt es natürlich auch nur eine. Es Stehen die Betriebsarten Single und Multi zur Verfügung. Bei Single wird die Hüllenkurve beim ersten Tastenanschlag gestartet, und alle darauffolgenden Anschläge passen sich ihrem Verlauf an, solange bis keine Taste mehr gedrückt ist. Bei Multi wird die Hüllenkurve bei jedem Tastenanschlag neu gestartet. (Bitte erschlagt mich nicht, wenn das genau umgekehrt ist!)

Die Filterhüllenkurve beeinflusst auch den Noise-Level. Das ganze hört sich jetzt wie ein großes Manko an, ist es aber nicht. Wenn man das nämlich richtig einsetzt, dann kann man damit eine Spielweise realisieren, die mit kaum einem anderen Gerät möglich ist. Keyboardtracking gibt's auch für das Filter, davon ist aber abzuraten, denn wenn man einen tiefen Ton spielt, und dann einen hohen dazu, dann verändert sich die Klangfarbe des tiefen Tones recht auffallend, und das ist dann doch eher störend. Das Filter hat auch Resonanz (ist aber nur von 0-15 regelbar). Selbstoszillation ist eher nicht drin. Wenn man aber ganz laut aufdreht, dann kann man so was erahnen.

Der Poly hat 8 Stimmen, und wenn man in den Dual-Modus schaltet, noch 4. Im Dualmodus steht für jeden Oszillator eine eigene Hüllenkurve zur Verfügung. Die Hüllenkurve ist Korg typisch: Attack, Decay, Breakpoint, Slope, Sustain, Release.

Die Oszillatoren haben eine Besonderheit: Die 4 Oktavlagen 2,4,8 und 16 lassen sich gleichzeitig aktivieren. Damit sind schon recht fette Sounds möglich.

Dann gibt's noch einen zuschaltbaren Chorus. Der ist wirklich gut, und der erste "Einbauchorus" eines Analogsynthies, denn ich gehört habe, der kaum rauscht (im Gegensatz zu Juno 106, Sequential Multitrack).

Will man seine Sounds archivieren, so geht das leider nur über Kassettenrecorder. SYS-Ex ist dem Poly 800 leider fremd. Anders ist das bei der Version 2, da gibt's dann auch noch ein Digitaldelay. Dafür musste der Stereochorus dran glauben. Die Rackversion EX 800 kann auch Sys-Exen. Ich habe schon von Leuten gehört, die haben in ihren Poly 800 einen Romchip aus der EX 800 reingetan, und das hat dann auch funktioniert mit SYS-Ex.

Für Sammler ist da noch so eine Spezialedition, bei der die Tasten invers sind (also die Weißen schwarz, und die Schwarzen weiß).

Für die Reise ist das Ding auch ganz gut zu gebrauchen, da man es auch mit Batterien betreiben kann.

Fazit: Guter Analogsynth muss nicht immer teuer sein!

Tipps und Trix

Im Laufe der Zeit sind dann noch so einige Infos über den Poly 800 bei mir eingetrudelt, die ich natürlich auch gerne der Öffentlichkeit zugänglich machen möchte. An dieser Stelle vielen Dank an Markus! (1234322:3)

Beim Gebraucht-Kauf des Poly 800 (jaja, neu gibt es ihn eh nicht mehr) sollte man darauf achten, dass es einige verschiedene Modelle gibt, die sich aber äusserlich nicht unterscheiden. So hatte die erste Serie zum Beispiel keine Speicherbatterie. Die Sounds sind also nach dem Ausschalten einfach weg. Auch war es nicht vorgesehen, nachträglich eine solche Batterie einzubauen. Es war weiters nicht möglich, den Omni-Mode abzuschalten.

Dieser Fehler war allerdings in der nächsten Serie behoben worden. Zwar hatte diese immer noch keine Batterie, aber zumindest war schon ein Platz vorhanden, an dem man sie einbauen konnte.

Die ersten beiden Serien hatten ausserdem einen Betriebssystemfehler, so dass der interne Soundspeicher teilweise oder ganz gelöscht wird, wenn man den Poly über einen Sequenzer ansteuert.

Bei den Wellenformen (es stehen Pulse und Sägezahn zur Auswahl) gibt es ebenfalls eine Besonderheit. Der Sägezahn ist nämlich kein richtiger Sägezahn. Es werden lediglich die 4 Fußlagen in unterschiedelicher Lautstärke zusammengemischt, so dass aus 4 Pulswellen eine Treppe mit 16 Stufen entsteht. Vielleicht ist es gerade das, was den besonderen Charakter dieses Synths ausmacht? Dabei versteht es sich natürlich von selbst, dass man, wenn man nur eine Fußlage aktiviert hat, zwischen Pulse und Saw keinen Unterschied hört.

Weiter oben habe ich geschrieben, dass das Filter eher nicht zu Selbstoszillation fähig ist. Mittlerweile habe ich aber schon von Leuten gehört bei denen das anders ist. Der Grund dafür könnte die Einstellung der Potentiometer im Inneren des Gerätes sein.

VR1 - DCO Pitch adjust
VR2 - VCF Frequency adjust
VR3 - White Noise level adjust
VR4 - DCO Fine tune adjust
VR5 - VCF resonance adjust

Damit lässt sich wohl einiges bewirken. Ich habe das allerdings selbst nie ausprobiert.


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Autor: Thomas Polaschek Ein Service von MEMI.