MEMI Hardware-Test

 

Musitronics PCM.EX

Sample-ROM Erweiterung für den Yamaha SY77

 

Hersteller technische Daten Preis
Musitronics PCM-Erweiterung für Yamaha SY77 DM290.-- / € 149,--
  8MB Wellenformspeicher und Betriebssystemerweiterung zum Selbsteinbau  
  143 neue Wellenformen (davon 61 Drumsamples)  

Die AWM-Sektion des SY77 stellt sicherlich einen der Schwachpunkte dieses Synthesizers dar. Zwar ist irgendwie alles vertreten - aber leider nichts richtig. Hatten die Natursounds lediglich den Makel des "Unschönen", so waren die Drums doch leidlich unbrauchbar und verschlangen gleich einen Effektzweig, um einigermaßen Druck und Volumen zu bekommen.

von Rainer Buchty


Yamaha SY-77

So dachte wohl auch Oliver Schwarz, Mastermind von Musitronics, welcher sich bereits durch die D-50 Multimode/Beschleuniger-Erweiterung einen Namen geschaffen hatte: Mit der PCM.EX gibt es immerhin nun schon seit 1993 Abhilfe. Bereits damals liebäugelte ich mit dieser Erweiterung, schob den Kauf aber immer wieder hinaus. Unlängst las ich auf einer privaten SY77-Website, daß nur noch wenige Exemplare übrig seien - Grund genug, mir eine der (angeblich) letzten PCM.EX zu sichern.

Was man bekommt...
Für DM290.-- plus Porto und Verpackung erreicht einen binnen weniger Tage ein unscheinbares Päckchen, welches dem SY77 bahnbrechende Klänge verspricht und sogar den SY99 blaß aussehen lassen soll. Tatsächlich erweitert PCM.EX den SY77 um 143 Wellenformen, davon 61 Drum-Samples. Die ebenfalls versprochenen 64 neuen Presets entpuppen sich jedoch lediglich als Klangdaten auf Diskette, und sind nicht etwa via PRESET 1 und 2 bzw. einem entsprechenden "Affengriff" erreichbar. Dafür sind's dann aber auch derer 128 und nicht nur 64...

Die Erweiterung selbst besteht aus einer Platine bestückt mit dem zusätzlichen Sample-Speicher sowie etwas sogenannter Glue Logic zur Anbindung an den SY77. Um die neuen Wellenformen auch nutzen zu können, liegt weiterhin eine modifizierte Betriebssystemversion bei.

Der Einbau
Wer mich näher kennt, weiß um meine Einstellung zu Synthesizern: Die Dinger sind nicht nur zum drauf Spielen da sondern auch wunderbare Bastelkisten (vgl. meine Casio- und Ensoniq-Seiten - die Eigenwerbung sei mir verziehen :) - allerdings saß mir vor dem Einbau der PCM-EX zunächst mal ein Kloß im Hals: Es gehört schon etwas Mut dazu, seinen funktionierenden SY77 zu zerlegen und die nötigen Veränderungen vorzunehmen. Zwar wirbt die Verpackung der PCM-EX mit "easy installation", jedoch sollte der im Handbuch angegebene Warnhinweis "Der Einbau der PCM.EX Platine in den SY-77/TG-77 [...] ist nur von eienem qualifizierten Techniker vornehmen zu lassen!" unbedingt ernst genommen werden. Wer nicht weiß, an welchem Ende der Lötkolben heiß wird, und auch Leute mit ausgeprägtem Tremor, sollten den Einbau doch lieber einem versierten Bastler überlassen. Wer die Herausforderung jedoch nicht scheut, legt den SY77 "auf's Gesicht" und entfernt zunächst einmal die 20 Schrauben, welche das Bodenblech am restlichen Gehäuse befestigen.

Der Modifikationen erster Teil - das ROM-Update
Nach Entfernen der Bodenplatte springen dem Bastelwütigen die zwei Hauptplatinen (DM-1 und 2) des SY77 ins Gesicht, welche auch beide von dem Umbau betroffen sind. Glücklich kann sich schätzen, wessen Betriebssystem-ROM gesockelt ist, denn er/sie spart sich eine Menge Arbeit. Bei mir war es das (natürlich) nicht und so verbrachte ich einige Minuten mit dem Ausbau von DM-1. Da sich das ROM hartnäckig weigerte, ausgelötet zu werden, und ich der Platine auch nicht mit übermäßiger Hitze zu nahe treten wollte, zwickte ich das Betriebssystem-ROM kurzerhand mit einem Seitenschneider heraus. Doch auch nach Entfernen der abgeschnittenen Pins war es nicht möglich, die Lötaugen für den Einbau des mitgelieferten IC-Sockels frei zu bekommen. Hier der ultimative Tip: Man gehe in die nächste Apotheke und besorge sich eine Kanüle der Größe 12 (0.7mm Außendurchmesser). Medizinischer Stahl stößt Lötzinn ab, und so war es lediglich ein Geduldsspiel, die 32 Löcher freizubekommen. Nach dem Einlöten des IC-Sockels kann man DM-1 wieder einbauen und verkabeln, hernach plaziert man das mitgelieferte Betriebssystem-EPROM in den Sockel.

Der Modifikationen zweiter Teil: Rein mit den Wellen!
Nach dieser Hürde folgt eine Prüfung in Fingerfertigkeit. Auf zwei ICs sind huckepack Sockel aufzulöten, auf ein drittes gar ein IC-Stecker mit angekrimptem Flachbandkabel. Die eigentliche Kunst besteht nun darin, alle diese Bauteile auf die bezeichneten ICs aufzulöten, ohne benachbarte Bauteile dabei anzukokeln bzw. benachbarte IC-Pins unbeabsichtig zu verbinden. Hier gilt: In der Ruhe liegt die Kraft, und unbedingt alles zweimal kontrollieren. Anschließend drückt man die Erweiterungsplatine in die Sockel und verbindet noch zwei weitere Kabel mit entsprechenden Lötpunkten (IC-Pins). Spätestens jetzt fällt auch der einsame Kabelbinder auf - wer ihn nicht zuvor bereits montiert hat, darf nochmal die Erweiterungsplatine aus den Sockeln fummeln... Zuziehen sollte man ihn jedoch erst nach erfolgtem Testlauf - einmal zugezogen, läßt er sich nicht mehr öffnen und ist nur noch mit dem Seitenschneider zu entfernen. Nach erfolgtem Einbau der Erweiterungsplatine ist nur noch eine Leiterbahn zu durchtrennen und der SY77 ist bereit für den

Testlauf
Nach dem Einschalten meldet sich der SY77 mit leicht veränderter Einschaltmeldung. Tut er dies nicht, so sollte man ihn schleunigst ausschalten und sich auf Fehlersuche begeben. Andernfalls ist es Zeit für einen Wellenformtest. Einen x-beliebigen AWM-Sound in den Editor-Modus geholt und munter die Wellenform rumgeschoben - beeindruckend. In meinem Falle war aber ein vorherrschender Ringmodulationseffekt ungleich beeindruckender. Irgendwie klangen einige Samples wie durch den Wolf gedreht: Was immer als Name im Display stand, es klang stets mehr nach Gong. Der Fehler war schnell gefunden: Ich hatte beim Zusammenstecken schlichtweg einen Pin nicht in den Sockel sondern an ihm vorbei gedrückt... Ein anschließender Test erbrachte den erhofften kristallklaren Klang und der SY77 konnte zugeschraubt werden.

Der Klang
Der Lohn der Mühen kann mit der beigelegten Diskette getestet werden mit einem Wort: begeisternd. Sample-Meister Claudius Brüse hat hier ganze Arbeit geleistet. Erfreulich hierbei ist, daß man sich bei der Auswahl der Samples nicht nur auf Instrumentensamples beschränkt hat, auch Synthesizer-Klassiker wurden auf Silizium gebannt sowie einiges aus der Athmo- und Ethno-Ecke. Und, wie schon eingangs erwähnt, erfährt die Drum-Sektion des SY77 eine gewaltige Aufwertung.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß bei zwei Samples offenbar die Multisample-Tabelle aus den Fugen geraten ist und so klingen GitNylon (118) und Git12Str (121) unterhalb von E1 nach Schlagzeug. Dies war auch bei einer von Musitronics freundlicherweise zur Verfügung gestellten Austauschplatine der Fall, so daß ich hier auf einen Serienfehler tippe.

Fazit
Nicht nur bei mir versauerte die AWM-Sektion des SY77 bislang und steuerte bestenfalls mal ein Itopia oder Ah Choir bei. Mit dem Einbau der PCM.EX sind diese Zeiten endgültig vorbei, und so vermag einzig der - im Vergleich zum Gebrauchtwert eines SY77 - relativ hohe Preis die Freude an den neuen Klängen etwas trüben.

Pro

  • gute Auswahl an Samples
  • Samplequalität
  • ausführliche Einbauanleitung

Kontra

  • Einbau erfordert viel Fingerspitzengefühl (wirklich nur was für Fachleute!)
  • Fehler in Multisample-Tabelle bei zwei Samples


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Autor: Rainer Buchty
Ein Service von MEMI.