MEMI Hardware-Test

 

Anyware Instruments Megapole

Professional Analogue Stereofilter

 

Hersteller Konzept Preis
Anyware Instruments Analoges Stereofilter DM 798,- / € 408,-
  mit 24dB-Filter, LFO etc.  

provided by
Elektro-Kartell

Aus Anlass allgemeinen Interesses von Seiten mehrerer Elektro-Kartell- und Wellenform-Mitglieder am Megapole-Filter der Firma Anyware-Instruments fand von Elektro-Kartell-Seite im Rahmen der Veranstaltungsreihe ELEKTRO-WAVES 2001 ein Test an einem zur Verfügung gestellten Gerät statt. Die Ergebnisse dieses Tests und Anregungen der anwesenden Musiker mündeten in diesem Testbericht. Es wird ausdrücklich betont, dass weder der Autor des Berichtes noch die o.a. Musikernetzwerke in geschäftlicher oder anderweitig verpflichtender Verbindung zur Firma Anyware-Instruments stehen.

Das Konzept

Der Megapole im GanzenWer jetzt denkt, Anyware hätte das Filter der Filterbox einfach zweimal in ein Rack-Gehäuse gepackt und fertig ist das Stereogerät, der irrt sich. Die neuen waschechten 4-pole Tiefpassfilter wurden nach Minimoog-Vorbild entwickelt, um mit dem Megapole ein Werkzeug für Studio, Bühne und DJ-Mixer zu schaffen, dessen Einsatzbereich von sanften Flächensounds über schmatzende Filterbässe bis hin zu abgedrehten SF-Sounds reicht, wie ihn nur voll-analoge Tiefpassfilter liefern können. Mit seinen umfangreichen Modulationsmöglichkeiten ist der Megapole für echte Stereobearbeitungen wie geschaffen. Der Megapole kann sowohl in Stereo mit den beiden -24dB-Filtern in zwei völlig unabhängigen Kanälen, als auch in Mono - wahlweise mit -24dB oder -48dB (Reihenschaltung der beiden Kanäle) betrieben werden.

Äußerlichkeiten

Auf einer chromierten 19"/2HE Aluminium-Frontplatte mit schwarzer Beschriftung befinden sich 18 massive Aluminium-Regler, 7 Kippschalter (davon 3 mit Mittelstellung), 1 Taster und 5 LEDs (5 mm, mit Chrom-Innenreflektor).
Auf der Rückseite des schwarzen Gehäuses finden sich 8 Stereoklinkenbuchsen (6,3 mm), 1 Netzteilbuchse (2,1 mm, für 12 - 24 Volt AC)

Input: Je eine Klinkenbuchse für die Kanäle 1 und 2. Wird nur ein Eingang benutzt (Mono), wird das Eingangssignal auf zwei Kanäle verteilt (Mono-Input, Stereo-Output).

Extern Follower Input: Erlaubt es, ein externes Signal in den Env-Follower und Gate-Processor einzuspeisen.

CV-Eingänge: Externer Direkteingang zu dem jeweiligen Filter (1 Volt/Oktave).

Extern Gate: Eingang für externes Gate/Trigger-Signal (5 - 15 Volt). Erlaubt ein Starten der Hüllkurve und LFO von einem Synthesizer oder Drumcomputer. Außerdem kann das vom Audiogate generierte Impulssignal über den Ring der Extern-Gate-Buchse als Triggersignal für andere Geräte herausgeführt werden.

Output: Ausgangsbuchsen der beiden Kanäle. Die Ausgänge arbeiten unabhängig voneinander.

Power-Input: 15 - 24 Volt AC, ca. 500 mA~ Anschluss für das mitgelieferte Steckernetzteil.

Alle 6,3 mm Stereobuchsen sind so ausgeführt, dass (bei Verwendung eines Stereoklinkensteckers) nur der Tip abgegriffen wird, aber die beiden Sleeves nicht kurzgeschlossen werden. Falls hier also ein Stereosignal auf eine Buchse geführt wird, wird nur ein Kanal verschaltet, ohne dass es jedoch zu einem Massekurzschluss des zweiten Kanals kommt.

Die Module

VCF-ModulDie beiden Kanäle teilen sich den LFO und die Hüllkurve. Das wirkt erstmal wenig spektakulär für ein Stereogerät, hat aber seinen Reiz, wie sich später noch herausstellen wird.

Input

Zwei rote Overload-LEDs zeigen die richtige Aussteuerung der Eingangssignale an, die mit zwei Gain-Reglern pro Kanal vorgenommen wird. Für das Audio-Gate kann zum Triggern der Hüllkurve mit einem Kippschalter das Audiosignal einer der beiden Kanäle ausgewählt oder das Audio-Gate ausgeschaltet werden. Ein Sense-Regler regelt die Eingangsempfindlichkeit des gewählten Audiosignals und erzeugt daraus einen Startimpuls. Eine grüne Gate-LED zeigt die Trigger und Gate-Impulse an. Ein Follower-Regler (Hüllkurvenfolger) erzeugt ein Modulationssignal aus dem zugeführten Audiomaterial, wirkt auf beide Cutoffs gleichzeitig, wobei der Regelbereich sowohl negativ als auch positiv ist; Mittelstellung bewirkt keine Modulation.

LFO

Der LFO schwingt vom Minuten- bis weit in den Audiobereich. Mit einem Speed-Schalter kann man zwischen drei LFO-Geschwindigkeitsbereichen wählen, was den Regelbereich des Speed-Reglers differenziert und z.B. eine genauere beat-bezogene Einstellung der LFO-Frequenz ermöglicht.
Mit einem Waveform-Schalter wählt man die Einstellungen Square, Triangle oder Off. Eine gelbe LED zeigt die LFO-Frequenz an. Mit einem Sync-Schalter kann der LFO auf das Gate-Signal synchronisiert werden; bei jedem Impuls wird der LFO dann mit einem positiven Durchgang gestartet. Dadurch kann er auch als eine einfache Hüllkurve verwendet werden. Ein Envelope-Gater-Schalter ermöglicht alternativ zum Audio-Gate die Verwendung des LFO als Trigger für die Hüllkurve; jeder positive Durchgang der LFO-Schwingung startet die Hüllkurve. Dieser Vorgang wird durch gleichzeitiges Aufleuchten der Gate- und Speed-LEDs signalisiert. Die Amount-Regler: Für jeden Kanal besitzt der LFO einen Amount-Regler für die Modulationsstärke mit positivem und negativem Regelbereich und der Stellung 0 (Off).

Envelope

Die Hüllkurve verfügt über einen Attack-Regler für die Anstiegszeit, einen Decay/Release-Regler für die Abklingzeit, einen Decay/Release-Schalter mit den beiden Stellungen "Decay" (bewirkt, dass bei jedem eintreffenden Gate/Trigger-Signal die Hüllkurve ansteigt und sofort wieder abfällt; sie wird auch als percussive Hüllkurve bezeichnet) und "Release" (bewirkt, dass nach dem Erreichen der Anstiegszeit die Hüllkurve so lange gehalten wird, bis das Ende des Gates (Haltepunkt) erreicht ist; erst danach klingt sie ab) und für jeden Kanal einen Amount-Regler für die Modulationsstärke mit positivem und negativem Regelbereich und der Stellung 0 (Off).

Es gibt vier Möglichkeiten, die Hüllkurve zu starten:

  1. Mit dem per Sense-Regler eingestellten Gate-Signal.
  2. Mit dem Envelope-Gater-Schalter des LFO, der bei jedem Schwingungsverlauf einen Gate-Impuls sendet.
  3. Mit dem externen Trigger-Taster.
  4. Mit einem auf der Rückseite zugeführten Gate (Extern Gate IN).

VCF (Voltage Controlled Filter)

Hier gibt es für jedes Filter natürlich einen Cutoff-Regler und einen Resonance-Regler und für beide Kanäle zusammen einen Master Cutoff-Regler, der die beiden Filter-Cutoffs im eingestellten Verhältnis zueinander gemeinsam regelt, aber auch abgeschaltet werden kann. Eine gut durchdachte Funktion, da die Cutoff-Regelung der wichtigste Parameter bei einem analogen Filter darstellt, und der Master-Cutoff-Regler bei Bedarf einen flinken Zugriff auf beide Cutoffs zusammen in schneller Echtzeitkontrolle zulässt.

Output und Power I/0

Der Ausgang jedes Kanals kann mit einem eigenen Volume-Regler geregelt werden und so optimal an z.B. einen Mischpulteingang angepasst werden. Ein Kippschalter fungiert als Power-Schalter. Eine blaue Power-LED zeigt den Betrieb an. Unter dem Power-Schalter befindet sich ein Trigger-Taster, mit dem man per Hand die Hüllkurve starten kann (Gate-Startimpuls). Der einzige erklärliche Grund, warum dieser in die Power-Sektion geraten ist, erscheint mir die bessere Bedienbarkeit an dieser exponierten Stelle zu sein. So kann man leicht mit der linken Hand die Hüllkurve editieren und mit der rechten durch Triggern ausprobieren.

Bedienung und Klang

Der Megapole ist dank seiner aufgeräumten und gut durchdachten, modular aufgeteilten Frontplatte leicht und übersichtlich zu bedienen. Das zugegebenermaßen schlichte technische Erscheinungsbild mit massiven 20 mm-Alu-Knöpfen, einfachen Kippschaltern und Schablonen-Beschriftung auf Aluminiumplatte verbreitet jedoch einen nicht zu leugnenden Retro-Charme und macht nicht zuletzt durch die magische blaue Power-LED das Gerät zu einem Hingucker, der in dem oft immer noch eintönigen Rack-Einerlei angenehm ins Auge fällt. Der jeweilige Betriebszustand ist durch die gute Ablesbarkeit der Reglerstellungen, die optimal angeordneten Kippschalter und Kontroll-LEDs jederzeit gut überschaubar. Die Arbeit mit dem Gerät macht von Anfang an richtig Spaß. Die griffigen Regler überstreichen bei allen Parameter-Einstellungen einen großzügigen und effizienten Regelbereich. Und die pro Kanal zu Verfügung stehenden Amount-Regler von LFO und Envelope werden nicht allein durch ihren negativen Regelbereich, der zu einer invertierten Modulation führt, zu wahren Pfefferstreuern dieser Filterküche. Die Cutoff-Regler stehen im Zusammenhang mit den Amount-Reglern. Ist das Filter im Stereomodus und z.B. der eine LFO-Amount-Regler im positiven und der andere im negativen Bereich eingestellt, ergibt sich eine Art Panorama-Modulation. Periodisch macht das Filter auf der einen Seite auf und gleichzeitig auf der anderen Seite zu - und umgekehrt. In Verbindung mit einem positiven und negativen Amount der Hüllkurve und entsprechend unterschiedlichen Resonanzeinstellungen der Filter, können auf diese Weise regelrechte Melodiespielereien auf beiden Kanälen ausgeführt werden. Ursprüngliche Loops können dadurch derart massiv bearbeitet werden, dass quasi völlig neue Grooves entstehen, die im Extremfall an das Ausgangsmaterial nicht mehr erinnern.

Die Hüllkurve ist von schön schnell bis endlos lang leicht einstellbar und klingt in der Einstellung "Decay" bei 0 Attack und wenig Decay so percussiv, wie man sie sich z.B. für richtig knackige Filterbässe nur wünschen kann.

Der LFO ist durch die Einteilung in drei Geschwindigkeitsbereiche und die Auswahl von zwei Wellenformen gut und ausreichend variabel einstellbar. Mit eingeschalteter Synchronisation startet der LFO bei anliegendem Gate-Impuls immer mit einer positiven Schwingung. Wenn nun mit dem Speed-Regler die LFO-Frequenz nicht exakt dem Gate-Rhythmus angepasst wird, entstehen sehr interessante Klangverläufe, die versetzt zum Tempo auseinander laufen und einen zusätzlichen Rhythmus ins Spiel bringen können.

Laut Anyware wurde der Megapole als universelles Filter konzipiert, das für die Bearbeitung jeglichen Audiomaterials geeignet sein soll. Dieser Umstand setzte natürlich Kompromisse voraus. Da in Studios z.B. unbearbeitetes Material, Loops etc. oder Synthesizer-Sounds, von DJs oder bei Bühnen-Acts jedoch auch bereits produzierte Musik, Playbacks oder Gesang in hoher Qualität bearbeitet werden können sollen, muss das Gerät von zart bis böse einem breiten Anwendungsbereich gerecht werden. Diese Aufgabe erfüllt der Megapole ohne Schwierigkeiten. Dass Anyware den Megapole als typisches Moog-Filter bewirbt, ist daher eher etwas irreführend. Zuallererst ist der Megapole jedoch unbestritten ein edles Analogfilter, das richtig zupacken kann, dessen Eigenschwingungsbereich kräftig klingt und auch im höchsten Regelbereich nicht in der Lautstärke abfällt, und das sich durch Rauschfreiheit und saubere Signalverarbeitung auszeichnet. Eine große Nähe zum legendären Moog-Filter ist nicht zu leugnen. Und nur der direkte Vergleich bringt dann aber doch den kleinen Unterschied zu Tage: das Originalfilter des Minimoog klingt in der Resonanz eine Idee voller und wärmer, aber auch nicht kräftiger als der Megapole, und die kultige, winzige Brise Schmutz des Moog-Filters läßt der Megapole vermissen. Seine Resonanz klingt etwas glatter, aber nicht weniger bissig. Wie gesagt, der Unterschied ist minimal und nur im direkten Vergleich interessant. Durch leichte Übersteuerung des Input-Gain läßt sich beim Megapole jedoch das Signal nach Belieben schon vorher etwas abschmecken, bevor es im weiteren Verlauf so richtig abgekocht wird. Und ich muss nicht extra betonen, was das Hochfahren des LFO in den hörbaren Bereich für nette Gemeinheiten anzurichten imstande ist. Wer seinem Material dann noch den ultimativen Kick verpassen will, schaltet beide Filter in Reihe (Mono) zu einem 8-Pol zusammen, der eine Flankensteilheit von sage und schreibe -48dB erreicht!! Da bleibt kein Ohr mehr trocken.

Fazit

Ein paar Kleinigkeiten vielleicht noch von meiner Wunschliste: Ein Bypass- und ein Groundlift-Schalter wären 'ne feine Sache. Der Ein- und Ausschaltknacks sollte unbedingt unterdrückt werden. Nach MIDIfizierung zu rufen, wäre bei diesem Preis wohl unverschämt. Aber eine Pult/Rack-Sowohl-als-auch-Gehäusevariante auf vielleicht 4HE würde Live-Usern sehr entgegenkommen und auch im Studio keinen wertvollen Stellplatz beschlagnahmen. Von ANYWARE für die nächste Generation angekündigt ist außerdem die Herausführung der zwei intern generierten CVs der Filter auf externe Ausgänge.

Wer ein professionelles analoges Stereofilter sucht, das richtig gut klingt und in jedem Anwendungsbereich hervorragende Leistung vollbringt und zudem, vor allem zu diesem Preis, die genannten Modulationsmöglichkeiten mitbringt, sollte den Megapole in seine Kaufüberlegungen miteinbeziehen. Seine große Nähe um original MOOG-Filter ist unüberhörbar, wenngleich Puristen eventuell intuitiv zuerst einmal mit dem MOOGERFOOGER-Filter liebäugeln werden; der bietet allerdings für einen deutlich höheren Preis nur einen Mono-Filter und keine vergleichbaren Modulationen. Die ebenfalls teurere Sherman Filterbank (Mono), die z.B. mit einer "Harmonics"-Funktion raffinierte und im exakten Verhältnis zur Tonhöhe des Eingangssignals liegende Obertöne erzeugen kann, ist wiederum zu sound-charakteristisch, als dass sie mit dem Megapole als universelles Filter direkt vergleichbar wäre. Die auch sehr gut klingenden X-POLE von WALDORF und MUTATOR von MUTRONICS liegen ebenfalls in einer höheren Preisklasse, bieten aber eine MIDI-Implementation und je einen LFO und Hüllkurve pro Kanal. Dagegen ist der Megapole aber noch richtige Handarbeit und ein echtes Schnäppchen.


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Autor: Volker O. Schmidt, 05.10.2001 Ein Service von MEMI.