MEMI Hardware-Test

 

Roland D-10

LA-Synthesizer

 

Hersteller Features
Roland LA-Synthesizer, 61 Tasten (anschlagsdynamisch), 2x16 Zeichen Display, Drumkit, Drumcomputer
  Resonanzfilter (nur LP), 3 Hüllkurven (Time/Level), 256 PCM-Waves

 

Die Roland D-Serie gehört zu den erfolgreichsten Synthesizerserien. Angeführt vom D-50 aus dem Jahre 1987 konnte sie hohe Verkaufszahlen aufweisen. Dem D-50 folgten D-10, D-20, D-110, D-5 als semiprofessionelle Geräte und später der D-70, der aber auf einem etwas anderen Konzept basierte.

Roland D-10 Der D-10 wies jedoch noch Rolands damals revolutionäres LA-Klangkonzept auf. Hierbei wird der Klang (=Tone) aus bis zu vier Teilklängen, den Partials, aufgebaut. Bei jedem dieser vier Partials kann man die Syntheseart wählen, indem man für jeweils zwei eine Structure vergibt. Die Structure ist eine Art Algorithmus und kennzeichnet die Syntheseart ("analoge" Wellenformen oder PCM-Samples) und den Signalfluss, z.B. Monomischung der Oszillatoren, Stereoausgabe, verschiedene Ringmodulationen und Kombinationen. Dreizehn dieser Structures stehen für jedes Oszi-Paar zur Verfügung.

Für einen "Analog"-Oszillator kann man dann wählen zwischen Sägezahn und Rechteck. Beide bieten einen Pulsbreitenparameter. Ist das Partial ein PCM-Sample, kann aus 256 Samples gewählt werden. Der LFO bietet nur eine Sinuswelle und moduliert auch nur die Tonhöhe (Vibrato).
Es folgen die Pitch-Sektion (inkl. komplexer Hüllkurve), das Tiefpassfilter mit Resonanz (TVF, Time Variant Filter) und der Verstärker (TVA, Time Variant Amplifier). Das Filter klingt sehr gut, schön warm und analog, bietet jedoch keine Selbstoszillation. Auch lässt sich die Cutoff-Frequenz nur durch die Anschlagstärke modulieren, was sequenzergesteuerte Filtermodulationen etwas umständlich macht, weil man um eine Transform-Orgie nicht herumkommt, will man die Anschlagstärke z.B. auf das Modulationsrad legen.
Überhaupt ist der D-10 nicht sehr modulationsfreudig, was wohl v.a. an seiner Entstehungszeit (1988) und dem Preis liegt. Ein weiterer trauriger Nachteil: Die PCM-Sektion geht nicht durch das Filter. Man muss die Samples also eher als Zutat sehen, bei der v.a. das Mischungsverhältnis mit den analogen Wellenformen zählt.

Die Samples selbst sind natürlich nicht mit heutigem Material zu vergleichen. Multisamples gibt es gar nicht, höchstens einmal eine "Hi-" und "Lo"-Variante (z.B. Piano, Vibes). Es finden sich folgende Abteilungen:

  1. Drum
    Eine Auswahl von guten, druckvollen Drumsamples. Diese sind leider etwas angestaubt, da die Expanderversion D-110 mit ihren 8 Einzelausgängen so beliebt war, dass man sie viel zu oft einsetzte und heute mit Schmerzen heraushört.
  2. Attack
    Alles mögliche an Attacksamples: Hammer, Guiro, Piano, Harpsichord, Anstrichgeräusche diverser Streicher etc.
  3. Waveloops
    Wellenformloop einiger Instrumente (Streicher, Cembalo, das berühmte Chorsample). Überaus beliebt sind hierbei die "Spectrum"-Samples, die den rauchigen, röchelnden und rasselnden Charakter des Gerätes ausmachen. Spectrum heißt LA-Synthesizer.
  4. Loops
    Das sind einfach verschiedene Attacks hintereinander gehängt, was sehr interessante, rhythmische Kombinationen ergibt, die prima als Effekte dienen können und von Jean-Michel Jarre auf "Revolutions" ausgiebig genutzt wurden.

Hat man schließlich seine vier Partials zusammengesetzt, kann man sie noch durch einen kleinen Effektprozessor jagen, der jedoch nur Rooms, Halls und ein bisschen Delay mit jeweils zwei Parametern (Time und Level) bietet. Auch Send-Regler sucht man vergeblich, d.h. man kann den Effekt pro Sound nur an- oder ausschalten.

Bemerkenswert ist der eingebaute Drumcomputer (!), der 32 Preset- und 32 User-Pattern (bis zu 2 Takte pro Pattern), einen Song und einen Manual-Drum Modus bietet. Alle RAM-Sounds können auch als Drumsounds eingesetzt werden, inkl. aller Parameter.

Das Gerät hat zwei Betriebsmodi: Performance und Multi Timbral. Im Performance Mode kann man zwei Sounds layern oder splitten. Er dient also v.a. Live-Anwendungen. Im Multi Timbral Mode kann man acht Sounds gleichzeitig per MIDI ansteuern, in Panorama und Lautstärke regeln u.s.w. Auch hier ist ein Split möglich, so dass man auf zwei Kanälen gleichzeitig senden kann.

Die Bedienung ist, wenn man sich mal eingearbeitet hat, ganz erträglich, auch wenn das Display nur 2x16 Zeichen bietet. Es gibt 16 Taster, mit denen man die Menüs durchsteppt und Partials mutet bzw. zum gleichzeitigen Editieren mehrerer Teiltöne ein- und ausschaltet. Zusätzlich steht ein Valueregler zur Verfügung. Ich persönlich bin inzwischen so schnell damit, dass ich das Arbeiten am Gerät jedem Editor vorziehe.

Zum Speicher: Es gibt zwei Presetbänke mit jeweils 64 Sounds, eine Performance-Bank mit 128 Kombinationen, 64 Drumsounds und 64 RAM-Speicherplätze. Das alles lässt sich mit einer (teuren) Card verdoppeln.

Das 61-Tasten Keyboard ist gut spielbar und anschlagdsynamisch, bietet jedoch keinen Aftertouch. Die Spielhilfe ist der allseits beliebte Bender, dessen Modulationsweg ca. 3 mm lang ist. Damit eignet er sich sehr gut für Pitch-Bending und drastische LFO-Modulationen mit der "Handballenandrucktechnik", versagt bei langsamen, dosierten Modulationen aber kläglich.

Nun aber zum wichtigsten: Dem Klang.

Zuerst einmal kann der D-10 unheimlich FETT klingen. Setzt man alle vier Oszillatoren mit analogen Wellenformen ein, verstimmt sie und wählt Stereo-Structures, hat man ein brüllendes Analogmonster, das schöne Synthie-Flächen ebenso bringt wie breite Bläser a la "Jump" oder irgendwelche Filtersweeps von weich bis böse. Auch Bässe sind gut machbar (man denke an den vielbenutzten "Slidebass"), allerdings weisen diese im Multi- Betrieb oft Phasenauslöschungen auf, weil es keinen EQ gibt.

Berühmt geworden ist die D-Serie jedoch für ihre Hybridklänge. Diese bestehen meist aus einem "analogen" Anteil und den Samples. Der D-10 kann somit auch sehr kühl und digital klingen, beim Einsatz der o.g. Spectrum-Samples ergeben sich die bekannten Hauch- und Röchelsounds. Interessant ist auch die Tatsache, dass sich die Samples auch in den höchsten und niedrigsten MIDI-Tönen spielen lassen. In diesen Bereichen können sie nicht mehr richtig ausgelesen werden, was wilde, metallische Effekte zur Folge hat.

Fazit: Trotz der Einschränkungen liebe ich meinen D-10, und das nicht nur, weil er mein erster Synthesizer war. Er ist das Teil in meinem Equipment, das für die analogen Sounds verantwortlich zeichnet und dabei eine gute Figur macht. Er bietet zwar keinen zweiten LFO, keinen EQ und keinen Aftertouch wie der D-50, allerdings ist jener nicht multitimbral und bezüglich der Structures auch nicht ganz so flexibel. Der D-10 ersetzt den D-50 zwar nicht, ist aber die billigere und Homerecording-freundlichere Alternative: Der Gebrauchtpreis zeigt fallende Tendenz.

Noch kurz etwas zu den Varianten: Der D-5 bietet weder Hall noch Drumcomputer, der D-20 hat zusätzlich einen 8-Spur-Sequenzer, der D-110 ist die Rackvariante (1 HE) mit acht Einzelausgängen. Der D-70 ist ein Sampleplayer mit den U-220-Sounds und den S-770-Filtern. Er ist berühmt für gute Samples, gutes 76er-Keyboard und absolut mieses MIDI-Timing, das beim D-10 bei hoher Auslastung der 32 Stimmen auch nicht gerade toll ist.


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Autor: Christian Baum Ein Service von MEMI.