MEMI-Makers Sampling-CD Test

Soundlaboratory Additive Vibrations Vol. 1

Sampling-CD im SoundFont2-Format

Hersteller Format Stil Artikel-/Bestell-Nr. Preis
Soundlaboratory E-mu digitale k.A. DM 99,- / 50,62
SoundFont2 Synthesizersounds    

Was denkt der geneigte Synthetiker, wenn er "additiv" hört? "Ui, additive Synthese, komplex, K5000, eigenständiger Sound, kriegt man mit anderen Geräten kaum hin, mal was völlig Anderes etc.". Einige Erwartungen also, die sich vor dem geistigen Auge (Ohr?) auftun, wenn ein Sampling-CD Hersteller eines seiner Werke mit einem solchen Etikett versieht. Zielgruppe der CD "Additive Vibrations Vol. 1" sind aufgrund des gewählten SF2-Formates in erster Line samplerlose Musiker mit einer entsprechenden Soundkarte, die sich in diesem Fall vermutlich zu 90% aus SoundBlaster Live!-Besitzern rekrutieren.

Aufmachung

Die CD kommt als spärlich bedruckter Silberling daher, versehen mit einem Booklet, das bis auf ein romantisch angehauchtes Titelbild mit dem Namen des Werkes darauf keinerlei weitere Informationen enthält. Aha. Sampling-CDs haben die unangenehme Eigenschaft, dass sich a) im Laufe der Zeit eine Menge davon ansammeln und b) man sich in seiner Kollektion garantiert nicht mehr zurecht finden wird, wenn man nicht schnell an essentielle Informationen über ihren Inhalt gelangt. Also, dann gehen wir mal davon aus, dass uns die CD selber, sprich entsprechende README-Dateien auf derselben, expliziten und ausführlichen Aufschluss über das wo und wie geben. Ein Blick ins Dateisystem sorgt zunächst einmal für flaue Stimmung in der Magengrube: die 27 SF2-Bänke sind mit so aussagekräftigen Namen wie "AddVib1Bnk01.SF2" bis "AddVib1Bnk27.SF2" benannt. Liebe Leute: sogar die Sampler unserer Vorfahren ließen 12-stellige Namen für Soundbänke zu; warum also nicht einmal die Vorteile des modernen PC ausnützen und aussagekräftigere Namen als "AddVib1Bnk01" verwenden? Das wäre so einfach und würde die Benutzbarkeit eines solchen Produktes erheblich steigern. Gottseidank findet sich dann doch noch ein "Info"-Verzeichnis, wo der soundinteressierte SF2-Jünger erfährt, was genau sich hinter "AddVib1Bnk06" verbirgt. Eine HTML-Tabelle gibt hier Auskunft; geordnet nach Bank finden sich hier die Bankgröße, die Anzahl der in der Bank insgesamt verwendeten Samples, sowie die Namen der in der Bank abgelegten Presets. Zu jedem Preset gibt es noch eine Erklärung, die sich "Styles / Anspieltip" nennt. Hier finden sich solch aussagekräftige Kategorien, wie "Deep Synth", "Solo Synth" oder "Multi Synth". Auch wird einem nach der Lektüre der Beschreibungsspalte mit einem Schlag klar, dass z.B. das Preset "Dark Vibes" vom Stil her "Vibes" sind, dass "Hook Voice" in Wirklichkeit ein "Voice"-Sound ist und dass "Multi 1" bei genauerer Betrachtung ein "Multi" ist. Die Intention in Ehren, aber diese Kategorisierung ist ein wenig zu lieblos geraten. Im Info-Ordner findet sich dann auch eine knappe deutsche und englische Anleitung im .txt und - tataa - WordPro-Format. Äh - nun gut. Diese Anleitung gibt den - tatsächlich relativ wichtigen - Hinweis, dass der der Soundkarte zugewiesene Speicherbereich nicht zu knapp bemessen werden sollte, da die Bänke relativ groß sind. Man vergisst das leicht und bekommt eine schwer zuzuordnende Fehlermeldung, wenn der Speicher hier nicht ausreicht. Dass ich allerdings ein MIDI-Kabel zum Anschluss einer externen Tastatur brauche, hätte ich vermutlich auch ohne die Anleitung gewusst. Eine Bemerkung in der Anleitungs-Datei hat mich stutzig gemacht: Beim Kauf eines externen Keyboards solle man darauf achten, dass es anschlagdynamisch ist. Zitat: "Bei vielen Sounds wird es aber erst interessant, wenn man die Anschlagstärke variieren kann, da die Velocity (Anschlagdynamik) auf das Filter gelegt ist." Diese Aussage ist etwas seltsam, die SoundFont-2.0- Spezifikation erlaubt nämlich gar keine Velocity-Modulation des Filter-Cutoff. Das hat sich dann auch beim Durchhören der Sounds bestätigt: Mir ist kein Sound aufgefallen, bei dem meine SoundBlaster Live! in Verbindung mit Vienna 2.3 zu einer Velocity-abhängigen Filterung zu bewegen gewesen wäre. Ein gutes Stichwort; kommen wir nun zum wichtigsten, nämlich zum

Sound

Wie bereits eingangs erwähnt, lässt der Titel der CD einiges an additiven Erwartungen aufkeimen. Ich jedenfalls verbinde mit dem Begriff "additiv" stets Vokabeln wie "glasig", "höhenbetont", "glockig" oder gar "silbrig". Den Grundsound der vorliegenden CD würde ich in diesem Kontext nicht unbedingt in die additive Ecke stellen wollen. Die Sounds der "Additive Vibrations" sind großenteils breite, flächige, relativ obertonreiche Klänge mit viel Bewegung und starker Präsenz. Bei einigen Sounds könnte ich schwören, dass sie vom Microwave stammen, ansonsten würde ich auf Wavestation oder D50 tippen. Klassische Analog-Sounds sucht man vergeblich, allen Sounds sind die reichhaltigen Spektren aufwändiger Digitalsynthesizer zu eigen. Das ist aber beileibe nicht schlecht; ich zumindest kann solchen Sounds recht viel abgewinnen und finde sie allemal interessanter als das 20.000ste 303-Gesample. Man muss sich allerdings darüber im Klaren sein, für wen und für welchen Musikstil so etwas geeignet ist. Was man gemeinhin dem Microwave nachsagt, gilt auch hier: die Sounds besitzen eine sehr starke Präsenz und stechen aus jedem Mix heraus. Das wiederum bedeutet, dass sparsamer Einsatz angebracht ist: der Charakter eines solchen Sounds kann einen ganzen Song prägen, aber auch zukleistern, deshalb sollte man hier Vorsicht walten lassen. Die "Additive Vibrations"-Sounds rekrutieren sich zum größten Teil aus PADs mit hohen Attack- und Release-Zeiten und mittigem bis hohem Grundcharakter. Dies lässt die CD geradezu prädestiniert erscheinen für Filmscores oder ambientige Musik. Bass-Sounds sind hier dünn gesät; die wenigen vorhandenen jedoch zählen zu den Highlights: "PPG Vc Bss" etwa, oder "Moto Bass" sind herrlich knurrige, animalische Soundkonglomerate aus den tieferen Etagen der Tastatur. Für die Freunde der Schlagwerkerei sind schlussendlich noch drei Drumkits an Bord, nämlich "Techno Drum Kit", "80s Drumkit" und "Fun Kit". Ersteres kann man jedoch nicht wirklich guten Gewissens als "Techno Kit" bezeichnen, da hier 19 der eigentlich 20 benötigten Bassdrums fehlen. Will sagen: ganz im Stil der übrigen CD viel höhenbetont-filigranes, aber wenig wirklich brachiales Material, das die Motorboxen bei der Love-Parade zum Qualmen bringen könnte.
Es befinden sich im übrigen immer ca. 5 - 6 Presets in einer Bank; die Bänke sind durchschnittlich um die 10 MB groß. 2 der Presets einer Bank sind immer "Multis", die aus mehreren der anderen Sounds zusammen-gelayert wurden. Über den Sinn der Übung darf man streiten, schließlich wird hier aus mehreren fetten Sounds ein ultra-fetter Sound gebastelt; allerdings kostet es auch keinen zusätzlichen Speicherplatz und die Resultate sind in manchen Fällen durchaus interessant.

Noch ein Wort zur Qualität: Die ist großenteils ordentlich, allerdings sind bei einigen Sounds erhebliche Rauschfahnen zu hören. Prizipiell ist das noch kein Weltuntergang, schließlich rauschen und rauschten auch einige der ganz großen Synthesizer der letzten Jahrzehnte wie die Niagarafälle. Allerdings stehen uns heutzutage ausgefuchste Nachbearbeitungsmöglichkeiten zur Verfügung, die so etwas bei gesampleten Sounds eigentlich unnötig erscheinen lassen. Was die Modulationsmöglichkeiten anbelangt: Hier schränkt das SF2-Format und seine rudimentären Möglichkeiten naturgemäß stark ein. Viel mehr als Hüllkurve / LFO -> Volume / Pitch / Filter gibt's schlichtweg nicht. Die "Additive Vibrations"-Sounds spielen hier großenteils mit LFO -> Filter Modulationen, was den bewegten Grundcharakter recht gut unterstützt. Bewegung und Lebendigkeit sind ohnehin im Sample selbst eingefroren, sodass die kärglichen SF2-Modulationen hierfür nicht bemüht werden müssen. Dies ist übrigens auch bei vielen AKAI-Sampling-CDs Gang und Gäbe, obwohl hier die Möglichkeiten ungleich diffiziler sind; es ist schlichtweg ein nicht unerheblicher Aufwand, in jeder Keyzone einen dicken Packen Modulationsparameter einzustellen. Absolutes Negativ-Beispiel sind für mich in diesem Punkt die 10 SoundCube - CDs von BestService, bei denen großenteils sogar aufs Looping verzichtet wurde.
Ein Satz zur Sound-Auswahl: die "Additive Vibrations" ist offenbar als thematische CD angelegt, die einer durchgängigen Grund-Stilistik folgt. Dies empfinde ich einerseits als löblich, da die Welt schon mehr als genug "alles in einem" - CDs gesehen hat. Auf der anderen Seite birgt so ein Ansatz die Gefahr, sich zu wiederholen. Eine CD bis zum Rand mit stiltreuen Sounds zu füllen, die trotzdem alle ihren eigenständigen Charme mitbringen, würde ich als ziemliche Herausforderung einstufen. Und dieses Vorhaben gelingt hier auch nicht immer. An einigen Stellen ist schon deutliche Redundanz zu bemerken; bisweilen kommt mir die Soundauswahl sogar ein klein wenig planlos vor.

Fazit

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: Die "Additive Vibrations" ist ein bisschen zum Schnellschuss geraten. Die lieblose Aufmachung kostet Punkte und wäre zu vermeiden gewesen; über die Nützlichkeit der Info-Datei darf man nachdenken. Hier ein wenig mehr Information reinzupacken, das ganze ansprechend zu gestalten und dann auch noch aufs Booklet zu drucken, wäre im Vergleich zu der Arbeit die das Sounddesign einnimmt, ein Klacks gewesen, hätte den Gesasmteindruck jedoch immens verbessert. Vollständig aussagelose Dateinamen sind heutezutage nun wirklich hinter der Zeit. Die Sounds selbst jedoch sind ordentlich und für Ambient- und besonders Filmmusik-Styles absolut zu empfehlen. Allerdings rauschen einige Sounds viel zu heftig, und die Auswahl wirkt teilweise etwas redundant und ist sehr Pad-lastig. Wer allerdings Musik der genannten Stilrichtungen bevorzugt und noch ein paar Glanzlichter in Form reichhaltiger und lebendiger Digital-Sounds braucht, für den ist die CD genau richtig.


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Autor: Wolfgang Schneider, 06.08.2000  
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