MEMI Software-Test

 

Ableton Live 3

Audio-Sequenzer für Live-Anwendungen

 

Hersteller/Vertrieb Art der Software erhältlich für Preis
Ableton Audio-Sequenzer mit Win/Mac OS 9.x/OS X € 399,- (Vollversion), € 69,-/99,- (Update)
  speziellen Live-Features   € 99,-/129,- (Update V1 Paket/Download)

 

Wieder ein großer Sprung...

Schon seit einiger Zeit verfolgen wir bei MEMI die Entwicklung dieser bahnbrechenden Software der Berliner Firma Ableton - interessierte Leser können sich über die Grundfunktionen in unseren Tests der Version 1.5 bzw. der Version 2 informieren. Ich werde mich bei diesem Test auf die neuen Funktionen der Version 3 beschränken. Dank ihrer idealistischen Einstellung - und auch durch viele konstruktive User-Vorschläge im Forum auf der Ableton-Website - hat diese junge Firma den Markt für Laptop-Livekonzertsoftware in den letzten Jahren ordentlich aufgemischt. Speziell die klare Oberfläche und die Stabilität diese Programms haben es zum Tool Nr. 1 für Elektroniker, die live auftreten, werden lassen - man denke da nur an Funkstörung oder Jan Jelinek. Die neue Version 3, vor wenigen Wochen veröffentlicht, bringt Live seinem Claim, Audiomaterial elastisch zu machen und das Improvisieren damit zu ermöglichen, ein gutes Stück näher. Was hat sich also seit Version 2 - auf die noch einige Sub-Releases folgten - geändert?

Willkommen im Sample!

Das wohl am sehnlichsten erwartete Feature dürfte die Envelope-Bearbeitung direkt im Sample sein. Getreu der Aufforderung "Enter the Sample" wurden hier einige mächtige Funktionen hinzugefügt. Diese erlauben einem z.B., Transpositionen/Tonhöhen direkt ins Sample - und zwar selbstverständlich nicht-destruktiv - einzuzeichnen. Es ergeben sich hier erstaunliche neue Möglichkeiten (siehe weiter unten). Desweiteren kann im Clip-View nun mit den Buttons "S "(für Sample) und "E" (für Envelopes) bestimmen, ob diese beiden Felder sichtbar sein sollen oder nicht. Es erstaunt mich immer wieder, wie Ableton solche kleinen, wohldurchdachten Details quasi "nebenbei" in ihrer Software implementieren!


Die Ansichtsoption "Sample Off, Envelopes On"

Ist "E" aktiviert, finden sich einige neue Auswahlmöglichkeiten für den zu verändernden Parameter.


Die Auswahlmöglichkeiten für Envelopes

Zeichnet man hier z.B. die Lautstärke des Kanalzugs ein, verändert sich diese jedes Mal, wenn der Clip abgespielt wird - statt wie bei der "normalen" Automation, wo die automatisierte Aktion pro Kanal und dann zeitlich festgelegt ausgeführt wird. Noch interessanter finde ich dieses Feature fürs Transponieren von Audiomaterial - man kann so z.B. aus einer Synth-Fläche eine Melodie zaubern - und zwar mit wenigen Mausklicks. Phantastisch! Dieses Feature bring Live einen großen Schritt weiter auf dem Weg "direkt ins Sample".


Eine Transpositions-Envelope

Außerdem lassen sich selbstverständlich auch Plug-In-Parameter auf diese Weise direkt in die Wellenform einzeichnen - z.B. die Auto Filter "Frequency" für aberwitzige Wah-Effekte. Die Envelopes werden verändert, in dem man auf die Linie doppelklickt - es entsteht dort dann ein Punkt, den man beliebig verschieben kann. Eine noch intuitivere Methode ist der "Draw Mode". Dieses wichtige Element hat nur einen ganz kleinen Knopf oben in der Kontrollleiste:


Der Draw Mode Switch (ganz rechts)

Hiermit lassen sich Envelopes ganz bequem einzeichnen - der Mauszeiger verwandelt sich in einen Stift:

Dieses Feature arbeitet sehr genau, ist leicht zu durchschauen und erweitert den Funktionsumfang - auch für Sound-Design-Anwendungen - enorm.
Damit sind wir gleich beim nächsten "großen" neuen Feature: Consolidate! Hiermit lässt sich in einem einzigen Arbeitsschritt ein bearbeiteter Clip (bzw. Mehrere markierte Clips) direkt rendern und als Loop an die selbe Stelle einsetzen. "Consolidate" bounct zwar nicht die im jeweiligen Kanal geöffneten Plug-Ins (wie die "Freeze"-Funktion in Logic 6), aber alle ausgeführten Bearbeitungsschritte. So wird der bearbeitete Clip im Arrangement direkt mit dem konsolidierten Loop ersetzt. Eine Art "Freeze" wäre auch für Live - speziell im Hinblick auf die hinterherhinkende Leistung von Macintosh Computern - sehr wünschenswert.

Live 3 als "Sampler"

Für noch bessere "Improvisationsfähigkeit" des Programms sorgt eine neue Funktion, mit der man ein Sample bzw. Clip auf eine bestimmte Range des Keyboards legen und so transponieren und nach Belieben triggern kann - ganz leicht im "MIDI Map"-Modus. Genial! Innerhalb von 30 Sekunden hatte ich so aus einer Single-Note Gitarre ein Melodieinstrument gemacht. In diesem Zusammenhang soll die neue "Legato"-Funktion nicht unerwähnt bleiben: Verschiedene Clips in einem Track lösen sich sozusagen gegenseitig ab - wenn der erste Clip gerade auf der "3" angekommen ist und man den nächsten triggert, fängt dieser auf der "3" an und so weiter - Synchronisation leicht gemacht! Je länger ich mit dieser neuen Version von Live arbeite, je mehr bin ich der Meinung, dass dieses Update das wichtigste und funktionsreichste in der Geschichte von "Live" ist. Darüber hinaus gibt es weiter die Arbeit erleichternde Befehle, z.B. alle momentan laufenden Clips in eine neue "Scene" einzufügen - automatisch und ohne hörbare Unterbrechung der Musik.
Das Quantisierungsmenü enthält nun auch Triolen, und Live 3 kommt mit vier neuen gutklingenden Plug-Ins: dem Compressor II, EQ Three, Resonators und Utility.


Resonators, eines der neuen Plug-Ins

All diese Neuerungen sind so zahlreich und erweitern das Leistungsspektrum von Live so immens, dass z.B. die erheblich erweiterte Range für das Tunen und die Lautstärke der einzelnen Clips und eine Option zum Abspielen der Samples aus dem Arbeitsspeicher - alles sehr willkommene Features! - im "What's New?"-Abschnitt des (sehr klar geschriebenen, englischen) Manuals nur noch unter "ferner liefen" rangieren können!

The Bottom Line...

Ein wirklich umfassendes Update hat Ableton mit Live 3 vorgelegt. Es läuft stabil, führt viele wichtige neue, von Usern sehnlich herbei gewünschte Funktionen ein, und es macht mit Live 3 noch mehr Spaß zu arbeiten als mit den Vorgängerversionen. Die vielen neuen Elemente sind intuitiv zu bedienen und laden daher zum Ausprobieren ein - ich empfinde dies als sehr inspirierend. Was will man also mehr?
OK - eine oder zwei Sachen würden mir da schon noch einfallen. Optimierung für den Mac (wie in meinem Test von Live 2 bemängelt) fällt dabei weg, da dies von Ableton bereits für eine künftige Version angekündigt wurde. So bleibt nur noch der Wunsch nach VST-Instrument bzw. AudioUnit-Instrument Support für die vielen mittlerweile erhältlichen Softsynths und Unterstützung der AU-Schnittstelle in OS X - damit wir Logic-User, die keine VST-Einbindung mehr haben, auch in Live unsere Plug-Ins benützen können.
Schließlich wäre eine "Freeze"-Funktion nützlich, die einem das Rendern und wieder in den Song zurückimportieren sparen würde. Dies kann man jedoch weniger als Kritikpunkt denn als Anregung sehen, denn wenn Ableton so weitermacht wie man es von den Berlinern gewohnt ist, werden sehr viele der gewünschten Features in einem kommenden Update implementiert sein.

Pro

  • Stabilität
  • Viele neue, praxisorientierte Features
  • Intuitive Bedienung
  • Es macht unglaublich viel Spaß, mit Live 3 zu arbeiten!
  • Klares, übersichtliches Manual

Kontra

  • noch kein AU-Support unter OS X


Weiterführende Links bei MEMI:

Weitere Links zum Thema:

Weitere Tests bei MEMIs Equipment & Recording Ableton (Hersteller)
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Autor: Roland Reinke, 16.12.2003 Ein Service von MEMI.